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Grundlagen

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Geschichtsklitterung

Johann Fischart

Kapiteluebersicht

Uebersetzungsbeispiele

zum Verfahren der Geschichtsklitterung:
Fischart übersetzt, von geringen Abweichungen abgesehen, den gesamten Gargantua des Rabelais genau. Dies macht aber nur etwa ein Viertel seines eigenen Textes aus. Der Rest besteht aus Einfügungen in den übersetzten Text. Diese Einfügungen variieren im Umfang von einzelnen Worten, bis zu ganzen Kapiteln. Er unterbricht (verschiedentlich mitten im Satz (1)), fügt mehrere Seiten eigenen Text ein und fährt an der Stelle an der er unterbrochen hat wieder weiter. Diese Erweiterungen sind aber keine inhaltlichen, er ändert nichts an der Geschichte, führt keine neuen Personen oder Handlungsaspekte ein, diese Erweiterungen sind nichts als sprachliches Material, Wortreihungen, neue Wortzusammensetzungen und allerlei syntaktische Gebilde.
Dabei nimmt das Wortspiel (in allen Varianten) einen breiten Raum ein (mitunter ist seinem frei-assoziativen und auch am Klang des Wortes orientierten Verfahren oft nur schwer zu folgen - so z.B von Fischart zu Schiff und Trag-Schiff und von da aus zu Trau-Schiff).

"Fischarts Geist ist einem reichbesaiteten Instrumente vergleichbar. Sobald nur eine Saite desselben angeschlagen wird, klingen mehrere andere mit, ohne seöbst berührt worden zu sein. Jeder Gedanke Rabelais' ruft eine Menge paralleler Gedanken, Reminiszenzen der verschiedensten Art, die alle in die paraphrase übergehen."
(Schwarz, S.36)

Prinzip:
Reihung: Dies spielt (wie in der ganzen spätmittelalterlichen Literatur) eine große Rolle. Damit ist die Aneinanderreihung gleichberechtigter Elemente (auf allen Gestaltungsebenen) gemeint - wobei der Gang der Prosa sich als ein stetiges Vorrücken von Gegenstand zu Gegenstand erweist (und die Handlung scheint nur da zu sein, um Gelegenheit zur Abschweifung zu haben).

(1) siehe auch L.Sterne: Tristram Shandy

Als Autor taucht Fischart in seinem Text auf als:

Huldrich Elloposcleros
(Huldrich=Johann und Ellopo=Fisch und skleros=hart)

und mit den Anfangsbuchstaben: JFGM (Johan Fischart genannt Mentzer)
z.B. als: Im Fischen Gilts Mischen
oder: Inn Freuden Gedenck Mein

Kurzzusammenfassung des Inhalts (Fischart wie Rabelais)

Der verfressene Riesen-König Grandgouschier (Pantagruel) sucht und findet eine Frau, die Prinzessin Gargamelle. Sie wird schwanger und bekommt im 11.Monat im Verlauf eines Festes durch ihr linkes Ohr einen Knaben, den sie Gargantua nennt. Am Ende des fünften Jahres entdeckt der Vater den großen Verstand Gargantuas und läßt ihn durch mehrere Lehrer ausbilden. Dies führt aber nicht zum gewünschten Erfolg und Gargantua kommt in die Hände des Lehrers Ponocrates mit dem er zu weiteren Studien nach Paris reist. Während seines Aufenthaltes in Paris bricht in der Heimat ein Krieg zwischen Grangouschier und dem Nachbarkönig Picrochol aus. Beim Kampf gegen Picrochols Truppen zeichnet sich vor allem der Mönch Jan Ohnkapaunt aus. Gargantua, inzwischen zurückgekehrt besiegt zusammen mit seinen Gefährten und insbesondere Jan die Truppen des feindlichen Königs.

weiterführende Literatur

 Schwarz, Gottlieb       Rabelais und Fischart (Winterthur 1885)

 Mühlemann, Christoph    Fischarts "Geschichtsklitterung" als manieristisches Kunstwerk
                        (Bern Ffm 1972)

 Schwarz, Gottlieb       Rabelais und Fischart (Diss. Zürich/Winterthur 1885)

 Seitz, Dieter           Johann Fischarts Geschichtsklitterung (Ffm 1974)

 Zitzmann, Robert        Fischarts 'Geschichtsklitterung' in ihrem Verhältnis zu Rabelais
                        (Ffm 1935)
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